Die Jagdfrohnden

Verfasst von Arno Bourggraff. Veröffentlicht in Kulturgeschichte

Nach den vorliegenden Quellen sind die Jagdfrohnden die jüngsten von allen; nach Lamprecht (I786) tauchen sie erst am Ausgang des XVI. Jahrhunderts auf; das älteste luxemburgische Beispiel, das er davon kennt, stammt erst aus dem Jahre 1631, wenngleich einige andere Dokumente weiter hinauf führen. Aus einigen Weistümern der Rheinlande, die der genannte Autor am gegebenen Orte, Anmerkung 9, in Verbindung mit dem gleich zu besprechenden Weistum von Tadler mitteilt, ersehen wir, worin diese Jagdfrohnde bestand, Nach dem von Schittringen und Waldweiler sollen die Untertanen, wenn die Herrn jagen werden, die Jagdgarne oder Netze führen, so weit diese zu jagen haben, und wenn die Herren Proviant oder sonst etwas von Trier wollen holen lassen, sollen die Leibeigenen es tun, aber auch das erlegte Wild heimführen. Das Weistum von Buch geht weiter: so oft die Herren der Jagd wegen nach Buch kommen, sollen sie bei den Untertanen Herberge, Lager, Nahrung und Futter bekommen, die ihnen in keiner Weise verweigert werden dürfen; wollen aber die Jäger Wein und Weissbrot haben, so sollen sie beides selbst kaufen. Man sieht, es ist nicht bestimmt, wie oft und auf wie lange Zeit die Herrn ihre Untertanen in Anspruch nehmen können: es heisst vielmehr wann resp.so oft wie.


Einen bescheidenen Ansatz zu dieser Jagdfrohn bietet das Weistum von Meisenburg, dessen Bewohner nicht einmal leibeigene Bauern, sondern vielmehr freie Bürger sind, aus dem Jahre 1550, erneuert im Jahre 1568: wenn nämlich der Herr mit seinen Jagdnetzen an einem Orte Bürger findet, die ebenfalls jagen wollen, aber ihre Netze noch nicht gestellt haben, so soll der Herr stellen und die Bürger sollen ihm jagen helfen. Ganz anders das Weistum von Tadler vom Jahre 1561: "So hait min herren van Echternach maicht, da zu jagen und hait macht do zu ligen dry doige lanck (also auf Kosten der Leibeigenen), und wann er do jaicht, so moiss die gemein van Tatteller mynem herren no folgen dry daeg lanck uf ir eigen kosten". Der Abt kann demnach dort jagen, so oft er will, und jedesmal müssen alle Untertanen ihm auf ihre Kosten, d. h. indem sie sich selbst beköstigen, drei Tage helfen, aber dieses schliesst durchaus nicht aus, dass sie ihm noch längere Zeit, aber dann in des Abtes Kost, helfen müssen. Sie müssen also wohl, wie aus den angezogenen rheinländischen Weistümern hervorgeht, die Netze an Ort und Stelle führen, aufstellen, als Treiber dienen und vielleicht auch noch das erlegte Wild nach Echternach bringen.


In der Herrschaft Wiltz, nach einer im Jahr 1631 durch den Herrn gegebenen Beschreibung seiner Lehen, sind zu den Jagdfrohnden verpflichtet, zunächst im Landgericht Wiltz sämtliche Untertanen der Dörfer und Höfe Niederwiltz, Noertringen, Weidingen, Erpeldingen, Eschweiler, Winseler, Rullingen, Dahl, Kautenbach, Masseler, Buderscheid, Nochern, Merkholtz, Chann (untergegangener Hof), Sassel, Schart, Weiler, Hoffelt und Helzingen, dann in dem Hofgericht die von Kaundorf, Nothum, Insenborn, Berle, Mecher, Dunkroth und Liefringen, mit dem ausdrücklichen Bemerken: "ist niemand befreyet, wen sie zu der jagd geboten werden". Nur ist in denselben Artikeln, die von der Jagdfrohnde handlen, auch von den anderen Frohnden die Rede, die sie leisten müssen so oft und dick sichs gebührt und sie geboten werden, so dass die Meinung des Herrn die ist, dass seine Untertanen auch zur Jagd entboten werden können, so oft und dick sichs gebärt (z. B. auf Wolfjagden) und sie geboten werden, d. h so oft der Herr es für gut findet, eine Treibjagd anzustellen.Für die Jagden auf die wenigstens bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts zeitweise überaus häufigen Wölfe (nannte man doch das dipartement des Foriis auch wohl das departement des loups), waren allenthalben die Einwohner zur Jagdfolge verpflichtet; diese eine Verpflichtung werden dann die Herren weiter ausgebaut und auf alle Jagden ausgedehnt haben. Unter den jagdlustigen Herren, die, seitdem unter der strammeren Regierung die Privatfehden verschwunden waren, ihre überschüssigen Kräfte nicht mehr in Raub- und Raufkriegen betätigen konnten und deshalb mit um so grösserem Eifer der Jagd oblagen, wurden die Jagdfrohnden eine unerträgliche Last, weil die Untertanen oft, um dem Herrn zu folgen, manchmal Tage lang selbst die drängendsten Haus und Feldarbeiten vernachlässigen mussten. Denn mehr als je galt der Grundsatz: Herrendienst geht vor.


Im Laufe der Jahrhunderte nahm übrigens, wenigstens örtlich, der Druck der Frohndienste ab. Einerseits verschwanden seit dem Beginn der Regierung Ludwigs XIV. als Fürsten von Luxemburg (1684-1698) die Baufrohnden für die Burgen der Edeln, weil alle Burgen gebrochen und ihre eigentlichen Festungswerke zerstört wurden. Anderseits tritt das Bestreben hervor, die zeitliche Dauer der Frohnarbeiten zu beschränken; so erfahren wir aus den Schöffenweistümern von Simmern, dass der Frohner seiner Pflicht genügt, wenn er einen Ruck gearbeitet hat, etwa die Zeit vom Morgen bis zum Mittag, oder den Nachmittag; es ist nicht mehr erforderlich, dass er den ganzen Tag arbeite. Endlich liessen auch einzelne Herren sich mit ihren Untertanen in Vergleiche ein, durch welche die Frohnpflicht ermässigt wurde. Solches geschah u. a. schon am 20. Dezember 1582 durch Franz, Herrn zu Eltz und Pirmont als Herrn von Betzdorf zu Gunsten seiner Frohner von Hagelsdorf, die neun an der Zahl sind. Diese zählen zuerst die Frohnden auf, die sie ihrem Herrn bei der Heu- und Getreideernte zu leisten schuldig sind, wenn der Herr sie dazu auffordert; die einzelnen schulden für jede der beiden Ernten, zum Mähen und Schneiden, 8 resp. 8, 7, 7, 10, 6, 2, 2 und 2 Tage, im Minimum demnach vier, im Maximum zwanzig Tage, und fügen hinzu, wenn der Herr der Fröhner entbehren könne, so sollen diese Geld geben, wie es bei anderen benachbarten Herren üblich sei.


Auf die Bitte seiner Untertanen, die Frohndienste zu ermässigen, tut dies der Herr in folgender Weise: sie werden in zwei näher bezeichneten Wiesen des Herrn die Heuernte besorgen, das Gras mähen, bereiten und in Haufen stellen; damit sind sie ihrer Pflicht, die Heuernte betreffend, erledigt. Allerdings ist dabei zu beachten, dass wir aus der Urkunde nicht ersehen, wie weit die Untertanen dadurch erleichtert werden, und dass den Personalfrohnden der Vogteiinhaber Kollektivfrohnden entstehen, durch die wohl die einen erleichtert, die anderen aber, die bis dahin nur zwei und vier Tage zu mähen hatten, mehr beschwert werden als früher. Die Frohntage für die Getreideernte werden festgesetzt derart, dass die einzelnen Fröhner in Zukunft, statt der oben angegebenen Anzahl von Tagen, in Zukunft 5 resp. 8, 5, 5, 5, 4, 2, 2 und 2 Tage im Kornschnitt tätig sein müssen, so dass für sechs der Fröhner eine Ermässigung eintritt, während für die drei übrigen die frühere Zahl beibehalten wird. Dieselben Untertanen müssen auch die eine der benannten Wiesen stoppen, d. h. den Zaun um dieselbe unterhalten und von jedem dazu gebrauchten Stecken ein Ei geben.


 Anderseits sind die Fälle nicht eben selten, dass die Herren ihre Rechte als Gerichtsherren missbrauchen, um sich von ihren Untertanen gewisse Dienste leisten zu lassen, zu denen diese nicht durch das Herkommen verpflichtet sind, wenn z. B. ein Herr von Betzdorf die jungen Leute seiner Herrschaft, die ohne seine Erlaubnis Kegel gespielt haben, verurteilt, in seinem Schlossgarten mehrere Tage zu graben, oder ein Herr von Schüttburg im Jahre 1748 zwei seiner Untertanen, die wegen Fischerei frevel gefänglich eingesetzt worden sind, auf ihre Bitte dahin begnadigt, dass sie ihm einen fahrbaren Weg an einem gewissen Orte herstellen und zwar in den Fels einhauen müssen; die Arbeiten dauerten vom 16. September bis zum 3. Dezember und wieder vom 16. bis zum 21. desselben Monates; der Herr gab ihnen während der Arbeitstage die Nahrung, einen Taler zum Unterhalt ihres Handwerksgeschirres, lieh seinen Hammer und sein Hebeisen und, nach geschehener Arbeit, schenkte er den beiden zusammen zehn Sester Roggen. Wohl sind die solcher Gestalt geforderten Arbeiten nicht Frohnden im gewöhnlichen Sinn des Wortes, indem diejenigen, die sie zu machen verurteilt worden, nicht auch in Zukunft, ohne neue Verurteilung, dazu gezwungen sind; der Herr aber hat auf diese Weise das Mittel an der Hand, jederzeit, wenn einer seiner Untertanen sich eines Vergehens oder Frevels schuldig gemacht hat, diesen zur Besorgung der Arbeiten zu zwingen, deren er eben bedarf, ohne anderen Entgeld als nur die Nahrung.Einen Schritt weiter als die Herren von Betzdorf und Schüttburg geht im Jahre 1766 der Herr von Sassenheim, Baron von Tornaco. Weil einer seiner Untertanen eines seiner Kinder ohne Herrenerlaubnis einverheiratet hat, sieht er zwar vom strikten Rechte ab, das ihm erlaubt, die Vogtei zu konfiszieren, aber zwingt seinen Untertanen, von nun an jährlich sechs Tage durch eine Frau im Schlossgarten graben zu lassen, führt demnach zum Nachteil der betreffenden Vogtei eine neue Frohn ein.

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