Die Schaffrenten und Zinsen

Veröffentlicht in Kulturgeschichte

Die Rechte der leibeigenen Bauern sind wenig zahlreich, desto zahlreicher, und zum Teil ausserst drückend, sind die Pflichten, die auf ihnen lasten und ebenso vielen Rechten der Herren entsprechen.In den vollgenden Beiträgen sehen Sie diese Lasten. Die Schaffrenten und Zinsen. Ausser dem Zehnten muss der Bauer seinem Herrn noch die Grundzinse oder -renten, die Schaff- oder Schaffrenten und stellenweise Vogtrenten, endlich einfache Zinsen oder Renten zahlen. Der Unterschied besteht wohl darin, dass die ersten für den Umstand geschuldet sind, dass die betreffenden Güter einst volles Eigentum u. Besitz des Herrn waren, welche er seinen Untertanen übergeben und für welche diese als Erkenntlichkeit eine besondere Abgabe zahlen müssen, die auch wohl als Rauchhafer oder Rauchhuhn bezeichnet werden. Die zweiten werden von Hardt, und wohl mit Recht, als Ersatz für vom Herrn nachgelassene Frohnden bezeichnet, die dritten werden für den Schutz bezahlt, den ihnen der Vogt als Schutzherr muss angedeihen lassen, die vierten endlich stellen einfach die Pachtsumme vor, für welche die Güter erblich verlassen sind. Öfters finden wir, aber fast nur für jene Bauern, die zu den fürstlichen Domänen gehören, die Bezeichnungen zinsfreie oder schaftfreie Leute; das bedeutet indessen nicht, wie ich schon hervorgehoben habe, dass diese keine Zinsen und keine Schaft zu entrichten haben, wie die Ausdrücke anzuzeigen scheinen, sondern vielmehr, dass sie gegen Entrichtung der Zinsen und des Schafts nicht nur Freizügigkeit geniessen, sondern auch frei über ihre Güter verfügen dürfen.

 


Diese Renten lernen wir indessen weniger aus den Schöffenweistümern kennen, als vielmehr aus den Einnahme- und Ausgaberegistern der einzelnen Herrschaften und namentlich dem Lehnsverzeichnissen, in denen seit dem XVII. Jahrhundert vielfach alle, auch die kleinsten Rechte und Einkünfte der Herren verzeichnet werden mussten, sowie besonders, für das ganze Land, durch das Kataster der Maria-Theresia von 1766. Wenn wir auch den Angaben dieses Katasters alles Misstrauen entgegen bringen müssen, soweit es sich um den jährlichen Ertrag der Güter handelt, so können wir doch das Verzeichnis der Lasten als vollständig genau ansehen, weil es im Interesse des Bauern lag, alle auf ihm ruhenden Lasten in aller Genauigkeit zu verzeichnen.Diese Renten sind fast ohne Ausnahme ziemlich unbedeutend, da sie allem Anschein nach in einer Zeit auferlegt worden sind, in welcher das Land noch sehr wenig ertrug und demnach wenig Wert hatte, und weil sie alle die Jahrhunderte hindurch nicht erhöht werden konnten; die Renten an Geld werden sogar von Jahrhundert zu Jahrhundert mit der fortschrei­tenden Verminderung des Geldwertes immer geringfügiger, weil man unverrückt dieselben Zahlen der Solidi oder Sous und der Denare oder Pfennige beibehielt; welches Gut im dreizehnten Jahrhundert, etwa zur Zeit der Gräfin Ermesinde, zwei Sous bezahlt hatte, zahlte auch im acht­zehnten Jahrhundert noch zwei Sols oder Stüber, nur hatten die erstgenannten zwei Sous den Wert von etwa 15 Gramm Silber, die letzten nur mehr von etwas mehr als sechzehn Centimes. Es waren daher diese Renten für den Bauern wenig drückend und, wenn diese seine einzigen Lasten gewesen wären, so hätte er, wie das Sprichwort sagt, leben können wie unser Herrgott in Frankreich.Als Beispiel wähle ich zwei Weistümer, von Olingen aus dem Jahre 1543, und von Merl aus dem Jahre 1616, sowie einige Auszüge aus dem Kataster der Gemeinde Monnerich.


Zu Olingen geben die sogenannten Nutzerbe, Lorentzerbe und noch zwei andere jedes jährlich ein halbes Malter Weizen, ebensoviel Hafer, vier Hühner und zu jedem Huhn 14 Eier; zwei andere geben je vier Sester Weizen und Hafer, 2 Hühner und zu jedem Huhn 14 Eier; fünf entrichten je zwei Sester Weizen und Hafer, 1 Huhn und 14 Eier, ein Erbe endlich 1 Sester Weizen und Hafer, ein halbes Huhn (d. h. jedes zweite Jahr ein Huhn) und 7 Eier.Nach dem Weistum von Merl (ich berücksichtige die zugleich angeführten Frucht- und Weinfrohnden nicht) gibt Walrichs Hof jährlich der Abtei Münster, wohl als Pacht, zwei Malter Weizen, 2 Malter Hafer, drei Kapaunen, 20 Beyer  (Groschen) Fastnachtsgeld und 2einhalb Stüber Zinspfennige; Juncker Mertens Gut je 7einhalb Sester Weizen und Hafer, anderthalb Kapaunen, an Fastnachtsgeld 6 Stüber 2 Pfennig und an Zinspfennigen einen Stüber 2 Pfennig: Mutschen oder Kurtzen Gut jährlich ein Malter 4 Sester Weizen, 1einhalb Malter Hafer, 4 einhalb Kapaunen, 16 Groschen oder 14 Stüber Fastnachtsgeld und einen Stüber und ein Viertel Zinspfennige; Charles Gut je ein halbes Malter Weizen u. Hafer, an Fastnachtsgeld einen Batzen und als Zinspfennig einen Kreuzer oder halben Stüber etc. etc.Zu Monnerich besitzt im Jahre 1766 u. a. Johann Goergen ausser seinem Hause 40 Morgen 40 Ruten Ackerland, 1 Morgen 40 Ruten Garten, 10 Morgen 120 Ruten Wiesen u. 12 Morgen Busch; dafür entrichtet er jährlich an Schaffrenten 4 Sester Weizen, 13 Sester Hafer, 14 Schilling 3 Stüber und 2 Hühner, daneben 5 Sester Rauchhafer und 4 Stüber Schwei­negeld. Johann Braun, der ein Haus, 66 Morgen Ackerland, 2 Morgen 40 Ruten Garten und 17 Morgen Wiesen besitzt, zahlt jährlich an Renten und Zinsen 2 Sester und 1 Fass Weizen, 18 Sester und 1 Fass Hafer, 4 Hühner, einen Kapaun und an Schaffgeld 18 Schilling weniger 2 Stüber.Alle diese Renten, wie gesagt, bleiben immer dieselben, selbst dann, wenn etwa ein Teil der Vogtei von ihr durch den Herrn abgetrennt wird, um eine neue Vogtei zu gründen; für diese werden bei der Neugründung die in Zukunft zu zahlenden Renten festgestellt, aber auch zugleich bestimmt, dass die der alten Vogtei unverändert fortbestehen.

 

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