Der zehnte Pfennig

Veröffentlicht in Kulturgeschichte

Der zehnte Pfennig. Der leibeigene Bauer durfte, wie wir gesehen haben, kein leibeigenes Gut ohne vorherige, ausdrückliche Erlaubnis des Herrn weder verkaufen noch verpfänden; gewissenlose Bauern benutzten dies häufig, um ihre Gläubiger zu betrügen, indem sie, wenn sie nirgends in gesetzlicher und rechtmässiger Weise Geld aufnehmen konnten, Teile ihrer leibeigenen Güter ohne diese Erlaubnis verkauften oder verpfändeten, wodurch, da solche Verträge null und nichtig waren, leichtgläubige Gläubiger mehr als einmal um ihr Geld gebracht wurden. Aber, wenn der Bauer solche Güter mit der gebührenden Erlaubnis verkaufte, so schuldete er dem Herrn bei Verkäufen meistens den zehnten Teil der Kaufsumme, hie und da sogar ein Drittel, bei Verpfändungen gewöhnlich den zwanzigsten, seltener den zehnten Teil. Zu dieser Steuer kamen dann noch die Gebühren für den Schreiber oder Notar, diejenigen für das Gericht, vor welchem die Übergabe der Güter geschah, und für den Gerichtsschreiber, der die Urkunde in die Gerichtsbücher der Herrschaft zu bleibendem Gedächtnis einschrieb. Handelte es sich dabei um grosse Summen, so betrugen all diese Nebenausgaben nur einen sehr kleinen Prozentsatz der Hauptsumme, wie dies sehr häufig war, während dagegen bei kleineren Summen von 10, - 30 Gulden oder Talern sie nicht selten 20, ja 30 Prozent des Kapitals ausmachten.


Manche Autoren haben in der Einführung der durch die Französische Republik geforderten Einregistrierungsgebühren eine der Ursachen des Klöppelkrieges zu finden geglaubt. Mit Unrecht, weil dasjenige, was vor jener Zeit für den zehnten Pfennig und die anderen Nebengebühren bezahlt werden musste, höher war als der Betrag der neuen französischen Steuer. Nur war diese neu, als solche ungewohnt und wurde eben deshalb als äusserst drückend empfunden, sie teilte damit das Schicksal aller jetzigen und zukünftigen neuen Steuern; aber der Bauer vergass vollständig, dass dagegen der Zehnte und alle feudalen Lasten verschwunden waren, dass dadurch seine Lage sich wesentlich besser stellte; der heutige Bauer kennt in den meisten Fällen von den Verhältnissen der früheren Zeit nichts oder nur das, was gewissenlose, unehrliche und zudem unwissende Leute ihm vorschwatzen; es wäre nur zu wünschen, dass für diese die Zustände der früheren Zeiten, und wäre es nur für zehn Jahre, wiederkämen, damit sie am eigenen Leibe den Unterschied von einst und jetzt spüren könnten.

 

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