Unsere Familiennamen

Veröffentlicht in Kulturgeschichte

Unsere Familiennamn sind relativ jungen Ursprungs; wohl waren solche schon den Römern bekannt, und auch die Kelten besassen ein untrüg­liches Mittel, die Zusammengehörigkeit der einzelnen Personen zu erken­nen zu geben, aber nach dem Zusammenbruch des römischen Reiches verschwand beides.Bei den Römern trug jeder Freie drei Namen: den Vornamen, der von Person zu Person wechselte, den Namen der Gens und den der Fami­he, der er angehörte: Caius Julius Caesar, Lucius Junius Brutus; die Namen Caius und Lucius sind die Vornamen, Julius und Junius bezeichnen die Gens, Caesar und Brutus die Familie. Indessen gab es schon frühzeitig äusserst zahlreiche Abweichungen von dieser allgemeinen Regel. Der Freigelassene fügte seinem früheren Sklavennamen den Namen dessen hinzu, dem er die Freilassung verdankte, sowie auch die Provinzialen, wenn sie das römische Bürgerrecht erhielten, von da ab den Namen des Kaisers annahmen, dem sie das Bürgerrecht verdankten. Die Zusammen­gehörigkeit der einzelnen Personen liess sich auf diese Weise leicht fest­stellen.


, den wir besonders durch die in Gallien in der Kaiserzeit entstandenen Inschriften kennen lernen: der Kelte fügte seinem Namen den des Vaters und des Grossvaters hinzu, die durch besondere Endungen die Abstammung von Vater und Grossvater erkennen liessen. Eigentümlicher Weise ist dieser Gebrauch auch noch im 17. und 18. Jahrhundert in den nördlichen, wallonischen Gebieten des früheren Herzogtums erhalten, wobei allerdings die unterscheidenden Endungen fehlen, zu deren Bildung die Dialekte nicht geeignet waren: ein Jean Jean Pierre ist Sohn eines Jean und Enkel eines Pierre, ein Jean Jean Jean ist Sohn und Enkel eines Jean.Seitdem die Germanen in unser Gebiet vorgedrungen waren, ver­schwanden die Familien-namen: allerdings weiss die Geschichte von ein­zelnen Geschlechtern zu berichten, die Jahrhunderte hindurch nach dem Namen eines ausgezeichneten Ahnherrn bezeichnet wurden; ich erinnere nur an die Merowinger, die Karolinger, aber diese Bezeichnungen sind den Urkunden fremd; in diesen werden die einzelnen Persönlichkeiten immer nur mit einem Namen bezeichnet, höchstens wird ausnahmsweise noch der Name des Vaters und der Mutter hinzugefügt; unser erster Graf heisst kurzweg Sigifridus; um seine erlauchte Abstammung zu betonen, nennt er sich "Sigifridus illustri genere natus". Nur einmal, in dem Bamberger Totenbuch, wird er als "Sigifridus Kunuz" bezeichnet, als der Sohn der Kunigunde.Es sind aber begreiflicherweise nicht mehr die alten lateinischen, keltischen oder gar griechischen Namen der Vorzeit, die nunmehr erschei­nen; es sind vielmehr durchgehends deutsche Namen, allerdings vielfach mit lateinischer Endung, wie sie von dem gelehrten oder gelehrt sein wollenden Urkundenschreiber der deutschen Namensform zugefügt wur­den: aus Alderich wird Aldericus, aus Willibrord Willibrordus, aus Ger­hard Gerardus.


Die Echternacher Urkunden von 693 bis zum Jahre 1000, sowie eine Maximiner Urkunde vom Jahre 855 lehren uns eine grössere Zahl der damals gebrauchten Namen kennen und zwar die letzteren für Mersch, die ersteren für den gesamten damaligen Echternacher Besitz. Ungerech­net die Namen der Äbte und der Könige, bietet der Echternacher Urkun­denschatz für die Jahre 693 bis 771, dem Regierungsantritt Karls des Grossen, 34 Männer- und 22 Frauennamen, von 771 bis 1000 67 Män­ner- und 31 Frauennamen. Die eben erwähnte Maximinerurkunde gibt deren 54 resp. 43.Sehen wir uns die Echternacher Namen vom sprachlichen Stand­punkte aus an, so konstatieren wir unter den gesamten 154 Namen nur drei, die nicht deutschen Ursprunges sind: Pantinus, Mauritius, Rethor?, unter den 97 Merscher Namen ebenfalls nur drei: Romanus, Martinus und Daniel. Alle anderen sind, wenn auch zum Teil latinisiert, echt deutsch, wie Berta, Biltrudis, Gerelindis, Warinlindis, Erminitrudis, Crotelindis, Hildegardis, Fridegarda, Theodrada, Waldrada, Reginalda, Adelarda, Cunigunt, Richildis. Die heute üblichen Namen der Heiligen sind noch nicht in allgemeinen Gebrauch gekommen, jedenfalls sind sie sehr selten; die deutschen Namen dagegen bieten noch immer ihre alte Form und sind noch nicht abgeschliffen zu der Form, die sie später annehmen; noch hiess es Warinher, nicht Werner, Reginardus, nicht Reiner, Haribertus, nicht Herbert. Aber es sind die meisten Namen nicht nur deutsch; wir können wohl mit voller Sicherheit annehmen, dass wenigstens bis zum zehnten und elften Jahrhundert, das Volk auch die Bedeutung dieser Namen noch kannte.Die Römer kannten schon im Beginn der Kaiserzeit die Bedeutung ihrer Vornamen nur noch in sehr unvollkommener Weise. Wir sind heut­zutage noch schlimmer dran: nur wer ernste klassische Studien gemacht hat, kann die Bedeutung der heute üblichen, ursprünglich lateinischen oder griechischen Vornamen erfassen; nur wer germanistische und roma­nische Studien betrieben, kann die alten deutschen Namen übersetzen, ob diese nun rein deutsch geblieben sind oder unter dem starken Einfluss des Romanischen eine romanische Form angenommen haben. Die aus dem Hebräischen stammenden Namen bleiben endlich der grössten Mehrheit sogar unserer Gebildeten ein ungelöstes Rätsel.


Im ersten Jahrtausend unserer Zeitrechnung, und selbst dann nur langsam und allmählich, kommen zu den altdeutschen Namen auch die aus der Bibel oder den Heiligenlegenden bekannten. Die Stif­tungsurkunde der Abtei Münster vom Jahre 1083 gibt unter sieben Zeu­gen noch keinen mit derartigem Namen; eine Bestätigung derselben Urkunde vom Jahre 1123, mit den Namen von 17 Zeugen, bietet ebenso­wenig einen biblischen Namen oder den Namen eines lateinischen oder griechischen Heiligen. Erst mit dem dreizehnten Jahrhundert werden diese häufiger, in demselben Masse wahrscheinlich, wie die Bedeutung der altdeutschen Namen der Kenntnis des Volkes entschwand. Sehen wir uns in dieser Hinsicht die Namen der luxemburgischen Stadtschöffen aus dem 13. Jahrhundert an; wir finden ziemlich gleichmässig die deutschen und die biblischen Namen im Gebrauch: neben Thomas, Johannes, Martin, Philipp, Nikolaus, Paulin und Franciscus, die deutschen Ludwig, Heinrich, Thielmann, Gottfried, Walter, Locheman, Conche, Richard, und das Zwit­terding Theodorich statt DiederichImmer mehr treten indessen die etwas ungewöhnlich lautenden Namen der Vorzeit zurück; allerdings finden wir deren noch eine ganz beträchtliche Anzahl unter den Namen der luxem­burger Edelleute, die im Jahre 1214 bei der Inauguration Walrams und Ermesindens sollen zugegen gewesen sein; da finden wir noch einen Engilpratus, einen Hadumar, einen Magolfus, Wago, Hemmotus, Hagri­nus, Momocus, Marcoldus, Werinus, Walahus, Waningus und Amalungus, aber die Zeugenreihe ist falsch, gefälscht oder vielmehr erdichtet durch den berüchtigten Carpentier, Verfasser einer Geschichte des Cambresis.Die einigermassen ungewöhnlich klingenden Namen verschwinden vielmehr im Laufe des 13. und 14. Jahrhunderts fast vollständig, so dass wir sie in unsren heutigen Familiennamen, von denen soviele auf Tauf­oder Vornamen zurückgehen, nicht mehr antreffen.


Bis zum Ende des 11. Jahrhunderts werden Familiennamen, oder etwas ähnliches, bei uns nicht genannt. Die schon erwähnte Stiftungs­urkunde von Münster, aus dem Jahre 1083, bietet im Texte keinen Fami­liennamen; die Bestätigung derselben aus dem Jahre 1123, auf 17 Zeugen elf, aber diese Familiennamen selbst sind erst nachträglich hinzugefügt worden. Im Verlauf des dreizehnten Jahrhunderts aber haben unsere sämt­lichen Adeligen einen Familiennamen oder etwas einem Familiennamen ähnliches angenommen, bei den Bürgern tritt er erst vereinzelt auf, der Bauer hat noch keinen. Aber selbst diese sog Familiennamen sind noch keineswegs feststehende und für alle Zeiten unveränderliche Benennun­gen der einzelnen Familien, sie bezeichnen nocht nicht die Zusammen­gehörigkeit jener, die einen gemeinsamen Vater, Grossvater oder männ­lichen Gründer der Familie haben, sondern sie bezeichnen nur die Burg, auf welcher diese sitzt und nach welcher sie sich nennt. Ändert daher der Besitz und mit ihm der Sitz, so ändert auch der Name.


Einzelne unserer alten Adelsgeschlechter bieten auffällige Beispiele von diesem Wechsel der Namen: einem jüngeren Sohn des Grafen von Chiny wird Mellier als Erbe angewiesen, er und seine Nachkommen nennen sich nun von Mellier, bis sie diese Herrschaft gegen Falkenstein austauschen; von da an nennen sie sich nach diesem Gute. Die ersten bekannten Herren von Berburg nennen sich in ihren Urkunden nur von Berburg; sie stammen indessen von Ouren und das Siegel des ersten dieser Herren trägt nicht nur das Wap­pen, auch den Namen derer von Ouren. Einer dieser Herren von Berburg übergab einem jüngeren Sohn Lellich als eigene Erbschaft; der Sohn nennt sich seit der Zeit nicht mehr von Berburg, sondern von Lellich, und auch seine Nachkommen tragen diesen Namen.Nachgeborene Söhne der Herren von Rodemacher nannten sich nach dem ihnen als Erbteil zuge­wiesenen Gute von Milberg oder Mirabel; spätere Nachkommen dieser Familie, die in den Besitz von Mersch kamen, nannten sich nach dieser Herrschaft. Die Vögte von Luxemburg nannten sich Herren von Zolvern, seitdem die Würde der Vögte verschwunden war; hatten sie sich früher nach ihrer Würde benannt, so trugen sie nunmehr den Namen des Besit­zes; als aber ihre Familie durch die du Chene ersetzt wurde, nannten diese sich ihrerseits von Zolvern. Andere Beispiele derselben Art liessen sich noch manche aufzählen, wie die Geschlechter Vianden-Brandenburg­Stolzemburg,, Meisemburg-Clerf, Bourscheid-Roeser-Weiler zum Thurm, Sassenheim-Ansemburg; doch mögen die eben angeführten genügen, da sie vollauf beweisen, wie sehr selbst die adligen Familiennamen, noch im Verlauf des 13. und des 14. Jahrhunderts, keineswegs so konstant und unveränderlich wie die unsrigen sind.Unsere Bürger tragen Familiennamen vom 13. Jahrhundert an, aber es sind zunächst nur einzelne, die Patrizier, die dem Adel an Reichtum und Ansehen vielfach gleichstehen und zum Teil dem Adel entstammen. Zu ihnen gehören im Verlaufe des 13. und 14. Jahrhunderts die Schöffen der Stadt Luxemburg, die vom Markt, du March, die Bouchard, von Diedenhofen, von dem Thore, von Berrens, von Gasperich, von Syren, von Steinsel, von der Hölle, von Aspelt, vom Neumarkt, von Püttlingen, vom Graben, Madenar, von Boler, von Reutele, Godeman, Husson, Winand, von Mensdorf, Pigeon, Schiffler, Goche, von Remich, von Orval, von Strassen, Von Eidel oder Eidelingen, von Lossingen, Franck von Echternach, von Bettingen, von Kettenhofen oder Cattenom, usw. Und trotzdem haben selbst diese Benennungen noch nicht den vollen Wert unserer heutigen Namen; gar manche Schöffen, von denen wir mit Sicher­heit feststellen können, dass sie dieser oder jener Familie angehören, tra­gen ganz andere Namen, aus welchen wir nie und nimmer ihren Ursprung erkennen könnten, wenn nicht andere Zeugnisse vorlägen.


Lange noch gibt es einzelne Schöffen, die von anderen gleichnamigen Bürgern nicht durch einen Familiennamen, sondern anderweitig unterschieden werden: so Nikolaus des Kellners Sohn (1256-1262), Theodorich Udin, der Ude Sohn (1256-1267), Thielman des Kellners Sohn (1267-1279), Johann des Hetzel Sohn, auch vom Thor genannt (1272-1296). Aber daneben finden wir einen Johann den jungen Schöffen, einen Nikolaus den Fetten, oder "Johannes iuvenis scabinus" und "Nicolaus Pinguis;" kein Familienname zeichnet sie aus, und trotzdem gehören sie zu dem angesehenen Stamm der Bouchard. Welter von Gasperich trägt bald diesen Namen, bald den de "Gradibus," von der Treppe. Ein anderer, Richard, wird immer von Püttlingen genannt (1298-1315); auf seinem Siegel nennt er sich von Bettemburg; ihm folgt sein Sohn Thielmann (1313-1321); einer seiner Nachkommen nennt sich Thielman Thielmans Enkel, bis aus dieser Bezeichnung der latinisierte Name Thilmany entsteht; die beiden Geschlechternamen Bettemburg und Püttlingen sind demnach verschwunden.Haben die anderen Bürger auch schon Familiennamen, mit denen sie beständig bezeichnet werden? Durchaus nicht. Bei weitem der grösste Teil der Bürger trägt noch am Ende des 14. Jahrhunderts keine fest stehende Namen. Sehr lehrreich sind in dieser Hinsicht die ältesten uns erhaltenen Rechnungen der Stadt Luxemburg aus dem Jahre 1388. Hier finden wir als wirkliche, unanfechtbare Familiennamen nur sechs im Ganzen, diejeni­gen der Schöffen: von Strassen, von Mensdorf, Franck von Echternach, von Eidel, von Bettingen und von Lossingen; der Name des siebenten Schöffen, Adam im Markte, muss nicht unbedingt als Familienname auf­gefasst werden, denn er kann möglicherweise nur den `Wohnplatz ange­ben. Alle anderen Bezeichnungen sind rein individueller Natur und be­zeichnen nur ein Individuum, wiewohl aus den meisten im Laufe der Zei­ten echte Familiennamen entstanden sind.


Sehr viele Bürger werden nur nach ihrem Handwerk bezeichnet, etwa so wie auch heute noch sehr viele in den Städten und auf dem Land, bald mit, bald ohne Familiennamen, durch den Namen des Handwerkes, das sie ausüben, von anderen Personen unterschieden werden. Wir finden so ziemlich dieselben Handwerke erwähnt, die heute ausgeübt werden; daneben freilich auch andere, die heute nicht mehr bestehen und die, wenn auch nicht alle in unserer Gegend, so doch in anderen nur noch als Familienname fortbestehen, als Erinnerung an längst verschwundene Zeiten und Zustände. Ich werde all diese Namen mit den dazu gehörenden Vornamen anführen, in eben der Form, die die Rechnungen bieten, um zu zeigen, einerseits, dass es sich nur um Rufnamen handelt, anderseits wie mannigfaltig die Handwerke waren. Wir finden: Hengin Reyners son der metzeler, Bartelgin der becker, des abt Koch Mathis, Mathis Zimmermann, Endres der vischer, Mathis der schumecher, Dufhorn der leuwer (der Gerber), der leistmecher, Winand der cremer, Heiman Kesseler, Thisgin Linenwevers son, Johannes der schriner, der stromeyer, Johannes der vourster, Heinrich der schroder, meister Johan der vasbender, der neue kellner (das Wort bezeichnet den Rentmeister), Thisgin der seiler, der peltzer, Johan von Vianden der goldschmit, Welter steinmetz, ein schriver, ein seger, ein messerschmit, ein duppener, und aus dem Jahrgang 1390 der Stadtrechnungen, ein leiendecker, ein glesener und ein bartscherer. Auch einige Frauen werden auf dieselbe Weise bezeichnet: Drutgen die under­keufers, Frisant die Kertzeners (die Kertzenmacherin).Aber neben diesen auch heute noch üblichen Bezeichnungen finden wir andere, die heute zum Teil mit dem Handwerk vergessen sind: Johan Kauwertzin (dieser Name bezeichnet die Geldverleiher und Banquiers, die man bei uns ge­wöhnlicher Lombarden nannte), Nickel der budel (der Büttel), Herman der isenmenger (Eisenhändler), Welter der zinnemecher (der Verfertiger der Zinngefässe), Niclaus Duchscherers son (Tuchscherer war derjenige, der von den gewebten Wollstoffen die etwas hervorstehenden Fädchen abschor), ein schulepper (Altflicker), ein sporenmecher und ein swertfeger.


Im Verlauf des 15. Jahrhunderts kommen zu diesen noch viele andere, die ebenfalls den zum Teil heute nicht mehr bekannten Handwer­ken entlehnt sind: der Rufer, der Paveiger (Pflasterer), der Lepper (Schuhflicker), der Pister (Bäcker), der Tourknecht (Turmknecht), der Schosseler, der Trippener (Treipenmacher), Fuller, (Tuchwalker, französich foulon), Harnischmecher, der Armestmecher (Armbrustmacher) mit den Neben­formen Armeister Armester und Armbroster; Scherer, Hudemacher, Birbruwer (Bierbrauer), Schrinenmecher, Pyffer (Pfeiffer), Karnmescher­fer (der die Kämme für den Weber schärft), der Büder (Büttenmacher), Meiler (Maler) und Orenmeler (Uhrenmaler), Kesemenger (Käsehändler), Blaisbalkmecher, Karer (Fuhrmann), Heralt (Herold), Hodensnyder (was man später Pferde- oder Schweinschneider nannte), Hufsrnit, Poppenmecher, Beudeler (Beutelmacher), Linenverwer (Färber), Peltzer, Wagener, Vischer, Kesseler, Vaspender (Fassbinder), Leigendecker, Kremer, Glesener, Münzener (Münzmeister oder Münzarbeiter), Sporenmecher, Zimmerman, Spiedeler (Verwalter des Spitals), Kachelmecher, Fladenbeck (Fladen- oder Kuchenbäcker), Duppener (Topffabrikant), Batstover (der Inhaber einer Badstube oder eines Badehauses), Wesseler (Wechsler), Wisgerwer (Weissgerber), Bartscher, Fourman, Seyler, Schriver, Schriner, Opperer (Handlanger, heute Apperer), Spengeler, der Arzt, Swertfeger, Kuker (der Ausspäher auf den Türmen der Festung und der Sankt Niko­laus Kirche), Mülner, Meyer, Wollensleger (Wollschläger), Tholner (Zoll­einnehmer, Zöllner), Holtzschumecher, Vourster (Förster), Schindeler (Verfertiger von Schindeln), Stalsmit, Falkener, Konz der Graveur heisst bald der Isensnider, bald der Isengreifer oder Isengreber. Manche Bürger werden sogar nur mit dem Namen ihres Gewerbes bezeichnet, wie der Schulmeister, die Hebamme, der Förster. Sehr häufig sind Spitz- oder Spottnamen: Conrad Sweiss (Schweiss), Mostart, Warmestaet (warme Stätte), Krickschenkel (der Krummbeinige), Seldenslach (der selten schlägt), Früeboess (der früh auf den Amboss schlägt), Früob (Frühauf), der Dübel (Teufel), Phipel (Philipp) genannt Duvelche (Teufelchen), Han­timsack (der entweder die Hand in der Tasche hält, also nicht gerne etwas ausgibt, der Geizhals oder Knicker, oder der die Hand gern in anderer Leute Tasche steckt), Johann der Bigotte, Leuwelin der Konick (König, Kinneck), Blaupart (Blaubart), Peter Slaifflange (Langschläfer), Kornblum und Koorblom, Puppgin (Püppchen), Clais Rodewal (der rote Wälsche), Glottermont (der gerne gute Bissen ist, Leckermaul), Nikolaus der Broit­esser (Brodesser), Thomas genannt Hardisen (hart wie Eisen), Tilman des daufen schosselers son, Peter Kwetzpennincks son (der den Pfennig quetscht), der daufe Jakob, Rintzback (Rindsviertel), Krickhose, Doder­man, Linenhose, Dryhellinck, Ropzagel (Ruppschwanz), Kuwetzagel (Kuhschwanz), Welter fint die lügen, Guderdach, Bittergall, Wyssheuft (Weisskopf), Rantfleiss oder Rintfleiss, Kalverbraet (Kalbsbraten), Snicle­stein (der den Stein schneidet), Muntgen (Mündchen), Botterweck, Clais der Doit (der Tod), Langerbein (langgebengt). Manche dieser Bezeichnun­gen sind nicht sehr schmeichelhaft; besonders krass heisst einer Peter Be­schissers eidem ein anderer heisst Albeschiss (der alles beschmutzt); einer der Stadtboten heisst der schele Clais, im Französischen lautet sein Name ironisch Belregard, der mit dem schönen Blick.


Häufig sind die von Ortsnamen hergeleiteten Bezeichnungen, bei denen indessen, im Gegensatz zum heutigen Gebrauch, das "ron" oder viel­mehr "van" selten fehlt: Thisgin van der Veltz, Diderich van Mechtzieh (Messancy), Clesgin van Diedenhoven. Dazu gehören aber auch diejenigen Bezeichnungen, die einzelne Personen nach ihrem Wohnplatze tragen: Gelman an dem Rech, der Jungfer Tochter auf Rescheid (später Röschet genannt, das Plateau links des Wegs, der zum alten Judenfriedhof führt), der Koch in der Nuwergassen (die jetzige Grossstrasse), Thelgin an dem Steil, der kleine Meister im Breitenweg, Thielgin in dem marte (auf dem Markt), Meister Gelman in Pintloch, Cies son an dem stege der zimmer­man (der Sohn von Nikolaus auf dem Steg; wahrscheinlich ist damit der Steg gemeint, der von dem Spital im Grund über die Alzette zur Plettis­gasse führte); Johan uf der misten; der Nüsser oder Noesser, der beim Nussbaum. Auch die Bezeichnungen nach der Verwandschaft sind häufig, namentlich diejenigen, in denen die betreffenden Personen Sohn oder Tochter einer anderen genannt werden; etwas seltener sind die Benen­nung als Eidam oder Nachsatz: so finden wir Hengin Reiners son der metzler, Niclaes Phipelen son der vischer, Peter Altmans son, Hennekin Prosts son, Thilman Mengins eidem; im Jahre 1390, einen Clesgin Bent­gins nasetz, das heisst einen Clesgin, der Bentgins Witwe geheiratet hat. Dagegen konstatieren wir, wie wenigstens in einem Falle, schon 1388, das Wort Sohn wegfällt, damit also der übergang vom Vornamen zum Fami­liennamen vollendet ist. Es handelt sich um einen Geistlichen, Herrn Nicolaus Betzelin; der Vater heisst noch Betzelin von Luxemburg, der Sohn musste sich nach dem herrschenden Sprachgebrauch Niclaus Betze­lins Sohn von Luxemburg nennen; er nennt sich indessen kurzweg Niclaus Betzelin.


In den Jahren 1388 und 1390 sind, selbst unter den Bürgern der Hauptstadt, die Familiennamen eine seltene Ausnahme. Schon in den Stadtrechnungen des Jahres 1463 auf 1464 liegt indessen die Sache anders; hier treffen wir allerdings noch immer eine grosse Zahl einfacher Vornamen, aber doch bereits eine grössere Anzahl von wirklichen Fami­liennamen, die wir als solche in dieser und der darauffolgenden Zeit bele­gen können: Peter Angelt (ohne Geld), Konrad Krüger, Johann von Vianden, Heine Oslinger, Bischof, von Kontern, von Arle, Thielmanni, Mohr, Baumeister, Klopstein, von Itzig, Turnerei, Ruter, Goldschmied, von Bilstein, Nlulrepesch, Wieshaupt, Wolf, Grossman etc. Der Drang, wirkliche Familiennamen zu tragen und zu bilden, macht sich seit der Zeit immer mehr fühlbar, ganz besonders in den grösseren Ortschaften, und wenn auch das niedere Volk sich noch sehr lange mit einfachen Zu- und Rufnamen begnügte, die besseren Klassen tun es seit dem sechzehnten Jahrhundert nicht mehr. Aber die Bildung der Familiennamen hört in unseren Städten erst im 18. Jahrhundert auf, denn noch bis dahin sehen wir viele Bewohner des flachen Landes, die sich in einer Stadt niederlassen, nicht etwa den Hausnamen weiter tragen, den sie auf dem Dorfe geführt haben, sondern sich nach dem Orte ihrer Herkunft benennen. Daher, besonders weil wir dieselbe Erscheinung auch auf dem flachen Lande feststellen können, die überaus grosse Zahl der von Ortsnamen hergeleiteten Familiennamen.

Beim Bauernstand endlich ist die Entstehung der Familiennamen erheblich jüngeren Datums als beim Bürgerstand. Allerdings sind auf dem Lande schon sehr früh, sicher schon im 12. und 13. Jahrhundert, die ein­zelnen Vogteien oder Häuser durch besondere Namen gekennzeichnet, die sich sogar grossenteils bis auf heute, in allerdings mehr oder weniger ab­geblasster Form, erhalten haben, so das Schentenhaus zu Kehlen, das schon im Beginn des 14. Jahrhunderts der Schennetten (Jeannette) Haus heisst. Aber diese Namen haften am Hause, sind Haus- und nicht Fami­liennamen. Nur der trägt den Namen des Hauses, der in demselben wohnt, allenfalls noch derjenige, der aus dem Heimathause sich an einem andern Orte ein neues Haus erbaut, an einer Stelle, wo noch keines gestan­den. Tritt aber das Mitglied einer solchen Familie in ein anderes Haus ein, wird er, und wäre er auch der älteste Sohn, in ein solches nach altem Brauch eingeheiratet, äbestuod, so nimmt er sozusagen regelmässig den Namen dieses Hauses an, und das so sehr, dass es meiner Ansicht nach nur äusserst wenige unserer Bauernfamilien gibt, die den ihnen zustehen­den Familiennamen tragen: in alle ist mehr oder minder häufig ein Frem­der eingeheiratet worden, der seinen eigenen Namen verlassen hat, um den seiner neuen Heimat anzunehmen. Anklänge daran gibt es auch heute noch überall; in wohl allen Dörfern haben die alten Häuser noch immer die vor Jahrhunderten üblichen Benennungen und, selbst dann, wenn die Inhaber einen anderen Familiennamen haben, werden sie mit dem Haus­namen bezeichnet. Vor noch nicht langer Zeit war es sogar nicht selten, dass selbst die nächsten Nachbarn untereinander nur die Hausnamen, aber nicht die Familiennamen kannten.


Eine solche Namengebung hatte natürlich manche missliche Folgen; jene Pfarrer unseres Landes, die für die Bedürfnisse ihrer Pfarreien Stammregister ihrer Pfarrangehörigen anlegten, haben es zur Genüge erfahren, wie schwer es in manchen Fällen ist, die Genealogie derselben festzustellen, weil immer nur die Haus- und nicht die Familiennamen in die Tauf- und Sterberegister eingetragen wurden. Die Bauern waren sich dessen bewusst; vielfach wird daher, wenn irgend einer in ein fremdes Haus einverheiratet wird, dieser mit zwei Namen bezeichnet, dem eigenen und dem fremden Hausnamen. So sind, in einer einzigen Urkunde von 1777, in welcher zwölf Einwohner von Kehlen vorkommen, nicht weniger als elf mit zwei Namen bezeichnet: Nikolaus Schintgen oder Lannen, Franz Pauli oder Hengen, Johann Wagener oder Schmitz, Johann Klensch oder Müllers, Johann Glaudt oder Olsch, Georg Kaufman oder Biwesch, Michel Peller oder Berens, Peter Becheler oder I-lermes, Peter Steich oder Theisen, Johann Pecks oder Mertz, Mathias Schanck oder Jägers; ein Vor­fahre dieses Jägers, Heinrich Deckers, der eine Margareta Jägers geheiratet hat, erscheint 1706 als Decker vulgo Jägers Heinrich.Klarer noch tritt das Verhältnis in einer anderen Urkunde von 1765 hervor; sie betrifft u. a. vier Einwohner von Schoos: Peter Olinger, jetzt Strohmeyers, Mann der Susanne Strohmeyers; Bernhard Elchrott, jetzt Bley, Mann der Susanne Bley; Johann Sünners oder Beck, Mann der Maria Sünners; Ludwig Wanderscheid, jetzt Theis, Mann der Katharina Theis. Erst mit dem neun­zehnten Jahrhundert werden auch alle Bauernnamen echte Familien­namen.


Die Frage nach der Entstehung unserer Familiennamen ist ohne Zweifel von bedeutendem Interesse; es ist eben eine Frage, die jeden be­rührt, sie ist aber für uns Luxemburger speziell um so wichtiger, als ver­möge der geographischen Lage unseres Landes verschiedene sprachliche Elemente, dann die wirtschaftlichen und politischen Interessen: die An­wesenheit fremder Garnisonen in früheren Zeiten, in der Neuzeit die Aus­beutung unserer Eisenbahnen durch das deutsche Reich und der starke Zufluss von Ausländern zu unserm Minettsgebiet nicht ohne dauernden Einfluss auf das Heranziehen neuer Namen sein konnten. Eine Geschichte unserer Familiennamen, die allerdings nicht gerade leicht ist, wäre daher ein lohnendes Unternehmen; aber dazu müssten erst eine ganze Reihe bedeutender Vorarbeiten erledigt werden. Zunächst müsste man eine Sammlung derjenigen Ruf- und Familiennamen ver­anstalten, die aus dem Mittelalter erhalten sind; dann aus einigen "denombre­ments des feux" des 16., 17. und 18. Jahrhunderts die damaligen und endlich aus einigen Volkszählungen des 19. Jahrhunderts die jetzigen Namen zusammenstellen. Eine Vorarbeit ist bereits im Jahre 1887 erschienen: die Arbeit des Herrn Professors Müller, eine recht verdienstvolle Zusammen­stellung sämtlicher im Jahre 1880 vorhandenen Familiennamen; alle übri­gen Vorarbeiten müssen erst gemacht werden. Trotzdem habe ich es für möglich erachtet, eine Übersicht zu geben über die Art und Weise ihres Entstehens und ihrer Veränderungen, ihres Kommens und Verschwin­dens, ja sogar zum Teil über ihre Herkunft.


 wenig dicht war (noch um die Mitte des 16. Jahrhunderts hatte unser Land in seiner jetzigen Ausdehnung nur etwa 50.000 Einwohner), lag ein dringend es Bedürfnis zur Bildung von Farniliennamen nicht vor. Der einfache Vorname oder Taufname genügte Jahr­hunderte hindurch vollauf, und es werden demgemäss, vom 7. bis zum 11. Jahrhundert, unsere Vorfahren, die wir in unseren Urkunden erwähnt finden, durchgehends nie anders als mit dem blossen Tauf- oder Vor­namen bezeichnet. Erst allmählich trat die Notwendigkeit hervor, die ein­zelnen Personen von einander zu unterscheiden: der Adlige fügt den Namen seiner Burg zum Vornamen, der Bürger oder Bauer den Namen des Vaters oder der Mutter, den des Gewerbes, der Heimat oder irgend- einen Spitznamen.Wie unzulänglich das auch nach unseren Begriffen sein mochte, es genügte lange Zeit, und erst, als die Bevölkerung der einzelnen Ortschaften immer mehr stieg, erst dann wurde es unumgänglich nötig, die einzelnen Familien schärfer auseinander zu halten und durch stehende Namen zu benennen. Deshalb treten aber auch diese Namen zuerst unter dem Adel auf, dann unter den Bürgern und erst in letzter Linie unter den Bauern. Der Staat selbst hatte noch kein Interesse an der Festsetzung der Familiennamen, der Adel, was seine leibeigenen Bauern anbelangte, eben­sowenig; denn beide forderten die Dienste, Steuern, Renten und Frohn­den nicht von bestimmten Personen, sondern nur von dem Inhaber be­stimmter Güter, und es lag ihnen daher nur daran zu wissen, wer im betreffenden Augenblick dieses oder jenes Gut besass, nicht aber, ob diese Person so oder anders hiess, ob sie einen Hausnamen trug oder einen Familiennamen oder einen einfachen Zunamen oder Spitznamen. Ich unterscheide bei unseren Familiennamen lediglich zwei grosse Kategorien; die erste umfasst alle diejenigen, die den Ursprung des ersten Trägers des betreffenden Namens angeben, die zweite diejenigen, die ein besonderes Merkmal angeben, durch welches sich der erste Träger des Namens von anderen Personen unterscheidet, die denselben Vornamen tragen. In die erste Kategorie reihe ich alle Namen, die von Orts- oder Taufnamen herrühren; sogar viele von denen, die dem Tierreich entnom­men oder den Bezeichnungen geistlicher und weltlicher Würdenträger entlehnt sind, müssen, wie wir später sehen werden, in diese Kategorie eingereiht werden. Zur zweiten reihe ich alle Familiennamen, die ihren Ursprung in der Benennung nach einem Handwerk, einem Spitz- oder Spottnamen haber oder auf irgendeine Eigenschaft, nicht selten auf einen körperlichen oder geistigen Fehler des ersten Inhabers des Namens zu­rückgeführt werden können.

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