Arno 12 Jahre

 

Arno Bourggraff

Arno 18 Jahre

Unsere Hausnamen

Die Herkunft bezeichnen aber nicht allein die von Vor- oder Orts­namen hergeleiteten Familiennamen, dasselbe tun auch sehr viele jener, die von Tiernamen oder von Bezeichnungen hoher geistlicher und kirch­licher Würdenträger herrühren. Was die ersteren anbelangt, so weiss ich sehr wohl, dass Wolf z. B. ebensowohl nur eine Abkürzung statt Wolfgang oder ein Spitzname sein konnte; in betreff der zweiten, dass man zwar bei Namen wie Bischof, Fürst, Kaiser, König, Prinz, geneigt sein könnte, an uneheliche Abstammung zu denken, doch muss, in Anbetracht der eigen­tümlichen luxemburgischen Verhältnisse, dieser Gedanke unbedingt ver­worfen werden. Wir haben vielmehr in allen diesen Fällen nur an Haus­schilder oder an Hausbezeichnungen zu denken.

Man weiss ja allgemein, dass die Häuser der Städte erst vor nicht langer Zeit durch Nummern untereinander unterschieden wurden; die­selbe Unterscheidung, wie heute die Nummern, besorgten früher die Hausschilder und, in vielen Fällen, an dem Haus angebrachte Malereien. Es wäre in der Tat von geringem Nutzen gewesen, die Häuser zu nume­rieren, da die Einheimischen sie ohnedies kannten und die Bauern, die zur Stadt kamen, doch grossenteils nicht lesen konnten. Man gebrauchte daher äussere augenfällige Zeichen: hier war es ein an langem Arm über die Strasse hinausragendes Hausschild mit dem darauf gemalten Hauszeichen, dort hing an dem Arm irgend ein Gegenstand, der auf das Gewerbe des Eigentümers oder Einwohners hinwies; anderswo waren diese Zeichen über der Haustüre angebracht, auf Holz aufgemalt, wohl auch in Stein aus­gehauen; nicht selten fand man förmliche Gemälde, die das Haus von Aussen zierten und der Strasse ein heiteres, auch wohl groteskes Aussehen gaben.Das Tierreich besonders, später die verschiedenen Würdenträger des Staates und der Kirche, die Wappen der Grossmächte, wechselten in buntem Gemenge. Wir haben nur wenig davon behalten; nur noch unsere Apotheker haben die alte schöne Sitte bewahrt, andere Geschäfte haben höchstens noch einen riesigen Handschuh oder Hut. Früher war es anders; Luxemburg besass eine grosse Anzahl dieser Hauszeichen oder Hausschilder: zum Stern, zum Horn, zum Strohsack, zum Hirschhorn, zum polnischen König, zum Ochsen, im jungen Esel, zum Spiegel, zum bur­gundischen Kreuz, zum Schaf, zum hl. Hubertus, zum Schutzengel, zum goldenen Löwen, zum Mohren, zu den drei Tauben, zum schwarzen Stie­fel, zum weissen Stiefel, zum Schwanen, zum Fähnrich, zu den drei golde­nen Äpfeln, zum goldenen Kopf, zur Stadt Mailand, zu den drei Königen, au cheval de bronze, zum goldenen Handschuh, zum Cruzifix, zum schwarzen Pferd, zum goldenen Herzen, zum grünen Sattel, zum goldenen Hut, zum goldenen Pflug, zum Paradies (au paradis terrestre) zum weissen Pferd, zum lothringischen Kreuz, zum Prinzen von Chimay, ä Neu de France, zum goldenen Ring, zum goldenen Baum, zum schwarzen Adler, zur goldenen Scheere, ä l'hätel de Bourgogne, zum König von Spanien, zum Hirschen, zur goldenen Sonne, zum goldenen Hirschen, zum wilden Mann, zum Engel, etc.

Ich habe, fast nur aus der Oberstadt, allein für das 17. und 18. Jahr­hundert über fünfzig dieser Abzeichen feststellen können. Und, wie bei uns, so war es allerorten und man wird daher nicht fehlgehen, wenn man viele unserer Familiennamen auf solche Hausnamen zurückführt. Dahin rechne ich vor allem Namen wie Bär, Bock, Eber, Fuchs, Gans, Hahn, Hase, Hirsch, Karpfen, Lamm, Löwe, Mohr, Schaf, Schimmel, Schwan, Stier, Wolf, aber auch Apostel, Bischof, Fürst, Kaiser, König, Prinz. Einzel­ne von ihnen mögen ja auch anders erklärt werden können: Bär nach dem altdeutschen Namen Bero, Wolf als Abkürzung von Wolfgang oder Wolf­hardt, Löwe als ein verdorbenes Levv, Fuchs als Spitzname.Eine zweite grosse Kategorie bilden diejenigen Namen, die von zufälligen Eigenschaften herrühren, oder die das Gewerbe der ersten Ahnherrn bezeichnen.Besonders zahlreich sind die den Handwerken oder den einzelnen Standesbezeichnungen entlehnten Namen, vor allem die jener Handwerke, deren füglich keine Ortschaft entbehren konnte: Schmied, Wagner, Müller, Weber, daneben Becker und Hofmann, diese wegen der grossen Zahl der einzelnen Höfe und Güter, die in Zeit- oder Erbpacht verlassen wurden. Der ersten gab es im Jahre 1880 nicht weniger als 4470, Wagener 2373, Weber 1944, Müller 1931, Hofmann 1623, Becker 563. Äusserst zahlreich sind auch die Meyer, mit der deutschen, französischen und latei­nischen Form: Mayer, Maire, Majerus und der Zusammensetzung wie Alt­meyer, Burgmeyer (zusammengezogen Burmer), Carmeyer (daher Car­mes), Briefmeyer, zusammengezogen in Brimmeyer, Dennemeyer, Ketten­meyer, etc. Ich habe über 40.000 Personen gezählt, die im Jahre 1880 einen von einem Handwerk oder einem Gewerbe herrührenden Familien­namen trugen; natürlich sind nicht alle deutschen Stammes, viele sind französisch oder wallonisch, einzelne lateinisch Auf das Kriegswesen gehen viele zurück, was bei dem kriegerischen Charakter unserer Vorfahren nicht auffallen kann: da gibt es Burggraf, Chevalier, Cornet und Cornette, Lieutenant, Peiffer und Pfeifer, und besonders die zahlreichen Reuter und Reiter.

Drucken E-Mail