Arno 12 Jahre

 

Arno Bourggraff

Arno 18 Jahre

Das Bauernleben

Viel später, nach den einen im vierzehnten, nach andern erst im sechzehnten Jahrhundert erscheint das Heide- oder Wildkorn, der Buchweizen; er wurde anschei­nend, worauf der französische Name "sarrazzin" hindeutet, durch die Mauren oder spanischen Sarrazenen nach Frankreich gebracht, von wo er dann zu uns kam; ich finde ihn zum ersten Mal in einem Weistum von Linster vom Jahre 1552 erwähnt, und zwar so, dass man auf einen schon langjäh­rigen Anbau desselben schliessen kann. Die Erschliessung des amerikani­schen Kontinentes durch Kolumbus brachte den Mais und die Kartoffel; der erste dient bei uns nicht zur Volksernährung, sondern nur als Viehfut­ter, wird aber aus der Fremde importiert, da er nur zur Verwendung als Grünfutter und noch dazu in wenig ausgedehntem Masse angebaut wird. Anders die Kartoffel; schon im Beginn des sechzehnten Jahrhunderts wurde sie zwar schon in einzelnen botanischen Gärten als botanische Selt­samkeit gezogen, aber es dauerte bis tief ins achtzehnte Jahrhundert, ehe sie allenthalben in allgemeinen Gebrauch kam. Wahrscheinlich ist sie ins Herzogtum Luxemburg gegen Ende des siebzehnten Jahrhunderts einge­führt worden, wie wir aus einer Reihe von Prozessen über den Kartoffel­zehnten ersehen.

In gewöhnlichen Zeiten genügten die Erzeugnisse des Ackerbaues und der Viehzucht vollauf für die Bedürfnisse der Bevölkerung; in guten Jahren konnten sogar erhebliche Mengen ausgeführt werden. Aber wenn infolge atmosphärischer Einflüsse Miswachs eintrat oder wenn unter dem Einfluss der barbarischen Kriegführung der vergangenen Jahrhunderte Feind und Freund gleichermassen die heimgesuchten Gegenden verheer­ten, alles plünderten, und meistens alles zerstörten, was sie nicht selbst essen oder mitnehmen konnten, besonders in den unseligen Zeiten des dreissigjährigen Krieges, namentlich dann, wenn Fehlernten und Kriegs­verwüstungen zugleich eintrafen, sah sich die Bevölkerung mindestens einer masslosen Teuerung, wenn nicht der Hungersnot preisgegeben. Man nimmt für jedes Jahrhundert des Mittelalters und der ersten Jahrhunderte der Neuzeit im Durchschnitt zehn Hungerjahre an, oder wenigstens zehn Jahre aussergewöhnlicher Teuerung. Man war eben nur auf den Ertrag der Körnerfrüchte angewiesen; der Ausfall an diesen konnte nicht, wie es jetzt so häufig geschieht, durch eine reiche Kartoffelernte gedeckt werden. Es war anderseits, wenn nicht wie zuweilen unmöglich, so doch durch den fast vollständigen Mangel an guten Wegen u. Strassen äusserst schwer, durch Einfuhr aus der Fremde, die zudem in Kriegszeiten ausgeschlossen war, aus den benachbarten Gegenden Ersatz zu schaffen. Das wurden dann prachtvolle Jahre für die Kornwucherer, die Getreide gegen Ge­treide ausliehen, derart dass sie für einen Sester Getreide, den sie auslie­hen, sich vielleicht schon zwei Monate später anderthalb oder zwei Sester zurückgeben liessen.

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