Arno 12 Jahre

 

Arno Bourggraff

Arno 18 Jahre

Das Bauernleben

Dass auch die Gärten unsrer zahllosen Burgen, in die sicher mancher Edelmann aus Italien oder dem Morgenlande unbekannte Pflanzen mitgebracht, nicht ohne Einfluss auf die der Bauern sein muss­ten, ist einleuchtend. Man pflanzte vor allem die verschiedenen Arten von Kohl, Rüben, Möhren, Rettig, Meerrettig, Petersilie, Sellerie, Erbsen, Boh­nen, Salat, Zwiebeln, Knoblauch, Wirsing, Winterendivien, seit dem acht­zehnten Jahrhundert überall Kartoffeln; dabei wurde auch immer ein kleiner Raum freigehalten für die Pflege der sogenannten Bauernblumen, namentlich Rosen. Dass man vereinzelt auch die feineren Arten von Erd­beeren, Stachelbeeren und Himbeeren pflegte, zeigen noch heute z. B. an dem Südabhange der Heringerburg entartete Gartenerdbeeren. Überall hatte man auch wenigstens eine kleinere Auswahl der beliebtesten Arznei­kräuter, soweit die Natur diese nicht wild lieferte.

Einen nicht minder bedeutenden Vorteil brachten die Obstbäume. Wann die einzelnen Obstarten bei uns eingeführt wurden, ist unbekannt, dagegen steht fest, dass alle besseren Arten ihre Einführung den Klöstern und den adligen Herren verdanken, indirekt in kleineren Ortschaften der Ortsgeistlichkeit. Im ersten christlichen Jahrhundert fand man in den ver­schiedenen Gegenden Deutschlands nur wilde Äpfel und wilde Birnen vor; bei uns mögen bessere Sorten bereits durch die Kelten angebaut worden sein. Daneben hatte man den Nussbaum, den Mispelbaurn und den fast verschwundenen Spierlingbaum, dessen Andenken sozusagen nur noch in dem Namen des Spierenbranntweins fortlebt. Besonders bedeu­tend war an einzelnen Stellen, wie u. a. zu Vianden schon im vierzehnten Jahrhundert die Zucht des Wallnussbaumes, weil man das Öl nicht nur vielfach zur Herstellung der Speisen gebrauchte, sondern auch zur Spei­sung der Kirchenlampen. Wie bedeutend der Anbau namentlich der Äpfel- und Birnbäume gewesen, geht schon allein aus der Tatsache her­vor, dass man bei uns eine ungeheure Anzahl von Varietäten dieser Obst­arten besitzt, von denen sicher viele auf ein recht ehrwürdiges Alter hin­aufweisen. Diejenigen Obstbäume, die der Bauer in seinen Gärten und Baumgärten zog, waren natürlich sein Eigentum; diejenigen dagegen, die auf der Ackerflur standen, gehörten der ganzen Gemeinde und der jähr­liche Ertrag wurde unter die Gemeinsleute verteilt, es war dies meistens Wildobst, das wohl nur zur Herstellung von Obstwein diente; Birnen­trank wird einigemal in den Rechnungen der Stadt Luxemburg aus dem fünfzehnten Jahrhundert erwähnt. Ein Teil des Obstes wurde natürlich frisch gegessen, sei es nach den Hauptmahlzeiten, sei es für die Neben­mahlzeiten mit einem Stück Brot, ein anderer Teil wurde für die Herstel­lung von Kuchen und Fladen jeder Art benutzt; eigentümlich sind grade für unsere Gegenden die Zwetschenkuchen und die schon selten gewor­denen "Birentietschen" ein dritter eingekocht zu Zwetschen- oder Birnen­kraut, ein grosser Teil endlich wurde getrocknet, um während jener Zeit des Jahres, wo es keinerlei frisches Obstgab, sei es roh, sei es gekocht, verzehrt zu werden. In manchem Bauernhaus hatte man grosse, oft mehrere Malter haltende Holzkisten in welchen der Vorrat an Hutzeln (gebackenen Birnen), Äpfelschnitzeln und gebackenen Zwetschen aufbewahrt wurde.

Auch die Bienenzucht war nicht ohne grossen Wert; es beweisen dieses vor allem die genauen Vorschriften der Weistümer darüber, wem eine gefundene "Bei" oder ein "Vogel" (beides in der Bedeutung von Bienen­schwarm) gehören sollte, sowie der Wabenbau, den man im Walde oder auf der Flur in einem hohlen Baum fand. Wachs und Honig hatten gleich grosse Bedeutung; das Wachs wurde in grossen Mengen in allen Kanz­leien für die Besiegelung der Urkunden gebraucht, und für die Lichter und Fackeln bei gottesdienstlichen Handlungen; in sehr vielen Fällen, nament­lich bei Verfehlungen gegen die Regeln der Innungen und bei den Ver­handlungen vor den Synodalgerichten, wurden Bußen von Wachs auf­erlegt. Der Honig war, so lange nicht der Zucker aus dem Safte des Zuckerrohrs aus Westindien eingeführt wurde, das einzige wirksame Ver­süssungsmittel, das man kannte; er diente daher u. a. zur Herstellung des so zahlreichen und beliebten Arten von Leb- oder Honigkuchen und be­sonders des Methes; von diesem ist nur der Name in der Verbindung süss wie Meth, mitt, auf uns gekommen.

Für die äusserst zahlreichen Abstinenztage der früheren Zeiten, drei, später zwei die Woche (der jetzige Krieg hat sie für die Produzenten ganz aufgehoben, aber für die Konsumenten auf sechs in der Woche und hie und da auf dreizehn in vierzehn Tage erhöht) hatten die besseren Bauern, mehr aber noch die Bürger, Ersatz für das Fleisch in dem Fischreichtum unserer Flüsse und Bäche und besonders der äusserst zahlreichen Weiher. Diese sind heute zum weit aus grösstem Teile längst eingegangen. Man hatte sie an allen Orten angelegt, wo nur ein kleiner Wasserlauf das Tal durchfloss, indem man durch einen einfachen kunstlosen Erdwall (tinsche beim Volke) das Wasser staute und den so entstehenden Weiher mit dem nötigen Satz von Setzlingen besetzte; nur dort, wo wie im Bireler Tale bei Sandweiler grössere Wasserkräfte zur Verfügung standen, wurden die Dämme auch noch teilweise durch Mauerwerk gestärkt u. mit regel­rechten Schleusen versehen. Sehr viele dieser Fischweiher gehörten den adligen Herren, den Klö­stern und namentlich im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert auch einzelnen Privatpersonen; andere gehörten den Bauerngemeinden und, wenn auch ihr Fischreichtum wohl selten von den Bauern direkt ausge­nutzt wurde, so dienten sie doch in wesentlicher Weise zur Verbesserung der Dorffinanzen, indem die Gemeinden sie entweder verpfändeten und sich auf diese Weise grössere Kapitalien erwarben, deren sie augenblick­lich bedurften, oder sie auf eine bestimmte Reihe von Jahren vermieteten. Gewöhnlich werden die Weiher auf sumpfigem, mehr oder weniger wertlosem Boden angelegt, so dass die Gemeinden aus ihnen in Zukunft sie berühren die Verhältnisse früherer Zeiten nicht. So bleibt mir daher nur übrig, aus der deutschen Literatur einige Auszüge mitzuteilen, die die Verhältnisse der deutschen Bauern zum Teil ausführlich schildern und zwar, bis auf Einzelheiten, so wie wenn die Verfasser unsere Bauern bei ihrer Darstellung im Auge gehabt hätten.

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