Arno 12 Jahre

 

Arno Bourggraff

Arno 18 Jahre

Unsere Ortsnamen

Sehen wir die von Herrn Müller aufgestellte Liste unserer Namen durch, so muss uns die grosse Zahl derer auffallen, die von Ortsnamen hergeleitet sind. Im 14., 15. und selbst noch im 16. Jahrhundert sind diese Ortsnamen sehr häufig, anfänglich immer, mit dem Vornamen, im Deut­schen durch "von oder van", im Französischen durch "de" verbunden, durch welche Partikeln also schon äusserlich der Ursprung, die Herkunft ange­geben wurde. In unseren jetzigen Namen fehlt die Partikel gänzlich für die deutschen, fast gänzlich für die französischen; bei diesen hat sich indessen in einzelnen Fällen das "de" erhalten, ist aber dann mit dem eigentlichen Ortsnamen, unter dem Einfluss der im 17. und 18. Jahrhundert selbst für adlige Namen üblichen Schreibweise, zu einem Wort verschmolzen, wie in Devance, Derulle, Dama, Dansart, Darimont, Dassenoy, Debra, entstan­den aus de Vance, de Rune, d'Ama, d'Ansart, d'Arimont, d'Assenoy, de Bra. Nur bei den Namen flämischer oder holländischer Herkunft hat sich die Partikel "van" erhalten; freilich darf man aus dieser keineswegs den Schluss ziehen, es handle sich immer um eine adlige Familie.       

Abgesehen von diesen Fällen fehlt die Partikel bei unseren heutigen Namen; der Ortsname allein ist geblieben, allerdings nicht immer in sei­ner ursprünglichen Form. Die französischen Ortsnamen sind wohl sämt­lich unverändert geblieben und haben noch heute die Form, die sie im 16.-17. Jahrhundert, bald in der Schriftsprache, bald im Patois trugen. Viele der deutschen haben sich dagegen eine kleine Veränderung müssen gefallen lassen, indem man ein "er" hinzufügte, um damit, auch ohne vorge­setztes "von", anzudeuten, dass der Träger des Namens aus dem betreffen­den Orte stammt. So wird denn aus Eich — Eicher, aus Aldringen — Adringer, aus Strassen — Strasser, aber auch Strassener.Diese von Ortsnamen hergeleiteten Familiennamen, sind sehr zahl­reich; nach dem von Herrn Müller gegebenen Verzeichnis gab es im Jahre 1880 im Grossherzogtum 194.348 Luxemburger; auf diese Zahl habe ich für 50.000 Personen feststellen können, also für ungefähr ein Viertel der ganzen Bevölkerung, dass ihre Namen dieser Kategorie angehören.Die meisten stammen begreiflicherweise von luxemburgischen Orts­namen ab, sei es von solchen, die noch jetzt zum Grossherzogtum gehö­ren, sei es von denen, die zwar heute zu Belgien, Frankreich, Lothringen oder Rheinpreussen gehören, aber früher Teile des Herzogtums waren. Die im 16. und 17. Jahrhundert ausgestorbenen und eingegangenen Ort­schaften finden sich dagegen nur selten als Familiennamen wieder, wie Schönberg bei Kehlen, ein offenbarer Beweis, dass diese in der Haupt­sache sich erst später gebildet haben. Zu den eigentlichen Ortsnamen ge­sellen sich die Flurnamen, wie Achten, von Acht; Baakes, Backes, Bakes, von Backhaus; Bichel, Bicheler, Bichler, Buche', Bücheler, von dem alten Bühl oder Bühel, dem luxemburgischen Bechel; Brill, Briel, von Brühl, lux. Brill, Wiese; Candel, Cannels, von Kanal, Wasserrinne; Harga, von Har- gart; Hourscht, von dem lux. Hüscht, Hostert; Kemp, Kempgen, von Kehm; Pindel, Punnel, von dem gleichen Flurnamen zu Wormeldingen; Rech, von R&h, Abhang, etc.


Für die spezifisch luxemburgischen Ortsnamen ist natürlich die Be­stimmung leicht, wenigstens in den meisten Fällen; für die durchaus frem­den Ortsnamen ist sie dagegen nicht selten äusserst schwierig, da ja diese Formen am ehesten der Verstümmelung unterliegen und oft nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form erscheinen.

Herr Müller, in seiner Vorrede zu seinem schon genannten Werk, hat sich bei Erklärung solcher Namen allzu sehr an die geographischen Wörterbücher gehalten und, wo er einen fremden Ortsnamen fand, der in derselben Gestalt unter unserem Fami­liennamen erscheint, diesen als ursprünglichen Ortsnamen aufgefasst; so zählte er zu diesen Namen wie Britz, Drees, Grethen, Konzen, Elsen, Zieser, die doch von den Taufnamen: Brictius, Andreas, Grethe, Konz, Else, Caesarius herkommen; ähnlich verfährt er mit Namen wie Haal, Heck, Hemmer, Hof, Kirpach, Lahr, Lohr, Scheid, Tock, die luxemburgi­sche Flurnamen sind; selbst Köhler und Krier, dieses von Krüger (wir sagen noch immer ganz richtig, nicht Krier, sondern Kréer) fasst er als Ortsnamen auf. Auch den Namen Capus betrachtet er als den österreichi­schen Städtenamen Cabus, Mongenast, (eigentlich Monggennast), als fran­zösischen Ortsnamen; doch ist Capus das ungarische Capus, Capusch, Pförtner, Mongenast ein Tyroler Name; der erstere stammt aus der öster­reichischen Zeit, der letztere, soviel ich weiss, dem Ende des 17. Jahr­hunderts, der französischen Periode von 1684 bis 1698, während welcher so viele Ausländer durch den raschen Ausbau der Festung heran-gezogen wurden, unter ihnen manche Tyroler, die als Steinmetzen oder als Bau­meister kamen; die Mongenast sind während des 18. Jahrhunderts als Bau­meister, richtiger als tüchtige Architekten bekannt und gesucht. Zu dieser Kategorie gehören auch die Länder- oder Völkernamen, wie Burgund, Bourguignon, Öslick, Pfalz, Bayer, Belge, Spanier, Cravat (entstellt aus Croat). Die daraus gebildeten Namen deuten wohl sämtlich darauf hin, dass ihre ersten Träger aus dem betreffenden Lande stammten oder dem betreffenden Volke angehörten. Für andere Namen derselben Gattung, namentlich für die Artois, Baden, Champagne, Flander, Picar, möchte ich eher versucht sein anzunehmen, dass die ersten, die den Namen bei uns ein­bürgerten, alte Soldaten der mit den angegebenen Namen bezeichneten Re­gimenter waren. Zu diesen Namen rechnete Herr Müller auch den Namen Paradies; das ist indessen ein häufig vorkommender Flurname, man könnte aber auch an ein Wirtshaus- oder Geschäftsschild "zum Paradies" denken.

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